Lehren und Lernen mit Künstlicher Intelligenz
KI-Tools als sprachliche Experimentiergeräte
Was ist der Unterschied zwischen digitalisiertem und digitalem Unterricht?
Digitalisierter Unterricht digitalisiert die Materialien und Methoden, verbleibt aber in der Denkwelt des analogen Unterrichts. Es ist analoger Unterricht mit digitalen Medien. Digitaler Unterricht denkt den Unterricht neu und anders mit anderen Aufgabenstellungen.
Digitalisierter Unterricht | Digitaler Unterricht |
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Das Thema bleibt und es wird digital erweitert. | Digitalität und KI verändern das Thema und die Erfahrungen mit dem Thema. |
Arbeitsmaterialien werden digitalisiert (Arbeitsblätter,. Erklärvideos, Tablets, …). | KI ist Ideengeber, Lern-, Denk-, Diskurs-, Schreib-, Reflexions-, Feedbackpartner. |
Lernprodukte werden digital erstellt & präsentiert (PPT, OneNote, Teams, …). | Jede/jeder kann weltweit Konsument und Produzent ohne Gatekeeper sein. |
Lernen und Üben wird mit digitalen Tools und Apps unterstützt (LearningApps, …). | Digitalität und KI verändern den Bildungswert des Themas. |
Wie die Künstliche Intelligenz in die Schule kam
Seit mehr als 40 Jahren wird an Sprachmodellen der Künstlichen Intelligenz geforscht und entwickelt. Die Veröffentlichung der GPT-Architektur im Jahre 2017 brachte einen Durchbruch. GPT ist ein Akronym für Generative Pretrained Transformer (erzeugender vortrainierter Verwandler). Mit der Veröffentlichung der kostenfreien Version ChatGPT 3.5 durch OpenAI im November 2022 drang das Thema in das Bewusstsein der Öffentlichkeit und damit auch in den Schulbereich.
„Wenn man ein Schiff erfindet, erfindet man auch das Schiffsunglück.“ (Paul Virilio) - Wenn die KI in die Schule kommt, hat das ihren Preis.".
Welche Fragen stellen sich den Lehrpersonen bei der KI-Nutzung im Unterricht?
Lehrpersonen wollen, dass das Gute der KI-Nutzung überwiegt und dass die Nebenwirkungen verantwortbar sind. Lehrpersonen erwarten ehrliche Antworten auf unterrichtspraktische Fragen:
- Wie kann der Einsatz von KI das Lehren und das Lernen befördern?
- Welche Aufgabenformate werden obsolet und wie müssen Aufgaben mit und ohne KI formuliert werden?
- Wie verändert die Nutzung von KI die Lernmotivation, das Lernverhalten der Lernenden und die Rolle der Lehrpersonen?
- Wie verändert die Künstliche Intelligenz die Unterrichtsinhalte und den Unterricht?
- Was bringt der KI-Einsatz im Unterricht und welche Schattenseiten hat die Welt des KI-Lernens?
- Welche Kompetenzen können und müssen Lehrende und Lernende erwerben?
- Welche Einstellungen sollten die Lehrenden und Lernenden beim KI-Einsatz einnehmen?
- Wie sehen unterrichtspraktikable Beispiele des KI-Einsatzes aus?
Können Lernende mit KI-Tools wirksam sprachbildend lernen?
- Nein, wenn die Lernenden die KI-Tools zur Bequemlichkeit durch seichtes Lernen missbrauchen.
- Ja, wenn die Lernenden die KI-Tools mit guten (Mega)Prompts füttern.
- Ja, wenn die Lehrenden passende Aufgaben stellen, die zu wirkungsvollem Lernen mit und ohne KI-Tools herausfordern.
- Ja, wenn die Lernenden mit Zeit und Anstrengung die KI-Tools als kognitive und sprachliche Experimentiergeräte sinnvoll nutzen.
Was sind sprachliche Experimentiergeräte?
Wozu dienen Experimentiergeräte in den Naturwissenschaften? Die einfache Antwort lautet: Experimente dienen der Erkenntnisgewinnung, der Verifikation bzw. Falsifikation, der Modell- und Theoriebildung, der Klärung von Ursache-Wirkung-Beziehungen, sowie der praktischen Anwendung und des technologischen Fortschritts wegen.
Mit KI-Tools wird im sprachlichen Bereich so experimentiert, wie mit Experimentiergeräten im naturwissenschaftlichen Bereich. Sprachliche Experimente mit (Mega)Prompts dienen der Erkundung sprachlicher Varianten, der Nutzung als Gesprächspartner, der Wortschatzerweiterung, der Lese- und Schreibförderung, der Wissensüberprüfung, der Sprachkorrektur und der Sprachreflexion. Dazu braucht es geeignete Aufgabenformate.
„Mit KI-Tools wird im sprachlichen Bereich so experimentiert, wie mit Experimentiergeräten im naturwissenschaftlichen Bereich. “
Was sind experimentierend explorative Aufgabenstellungen?
Stellen Sie Aufgabenstellungen, die mit und ohne KI-Tools bearbeitet werden müssen, die reflektiert und bewertet werden müssen. Stellen Sie experimentierend explorative Aufgabenstellungen.
Die Lernenden
- experimentieren mit Prompts zu Umfang, Stil, Adressat, Situation, Beispielen, selbst eingebauten Falschinformationen, ….
- erkunden vergleichend Varianten hinsichtlich inhaltlicher Korrektheit, Syntax, Semantik, Aussagekraft, Argumentation, Mutmaßungen, Vorgehensweise, ….
- nutzen den Chatbot als Dialogpartner, indem sie ihn mit einem Megaprompt in ein Szenario setzen und ihm eine Rolle zuweisen
- erweitern den (Fach)wortschatz durch den Vergleich niveaudifferenzierter Texte
- überprüfen ihr Wissen durch selbst erstellte Formate, z.B. Fragen, Quiz, …
- korrigieren ihre Sprachprodukte mit KI-Korrekturtools
- fördern ihre Hör-Lese-Schreib-Sprach-Kompetenzen
- reflektieren die Ergebnisse kritisch in Bezug auf Fachlichkeit und Niveaus.
Was sind Megaprompts?
In einem Megaprompt wird dem KI-Chatbot eine Rolle zugewiesen, z.B. Dialogpartner, Lehrerin, Lerncoach, Mitschüler, Expertin, Laie, historische Person, literarische Person, … Der Megaprompt beschreibt ein konkretes Szenario:
- Person: Welche Rolle die KI einnehmen soll.
- Aufgabe: Was die KI tun soll.
- Schritte: In welcher Reihenfolge sie was tun soll.
- Kontext: Adressat, Umfang, Fach- und Sprachniveau, Schreibstil, …
- überprüfen ihr Wissen durch selbst erstellte Formate, z.B. Fragen, Quiz, …
- Ziel: Was erreicht werden soll.
- Format: Wie die Ausgabe aussehen, z.B. Textblock, Tabelle, … soll.
Die Ergebnisse von KI-Lernassistenten sind nur so gut, wie die Prompts, mit denen sie „gefüttert“ werden.