Lehren und Lernen mit Künstlicher Intelligenz
Die schöne neue Welt des KI-Lernens und ihre Schattenseiten
Die KI-Tools als didaktische "Besserkönner"
Glaubt man den Versprechungen und den hohen Erwartungen an den Einsatz von KI-Tools im Schulbereich, dann erweisen sich die KI-Tools in allen Bereichen als „Besserkönner“.
KI-Tools:
- schreiben Sachtexte strukturiert sprachlich besser als jeder Lerner
- erstellen niveaudifferenzierte Texte/ Aufgaben schneller als jede Lehrperson
- übernehmen die Lehrerrolle geduldiger als jede Lehrperson
- korrigieren Schülertexte individueller als jede Lehrperson
- erstellen Übungsaufgaben vielfältiger als jeder Verlag
- 6erstellen Vokabellisten niveaudifferenzierter als jedes Lehrbuch
- inspirieren Lernende umfangreicher als manche Lehrperson
- finden und korrigieren Sprach- und Denkfehler individueller als Lehrpersonen
- fungieren als sprachliche Experimentiergeräte wie es sie bislang nicht gab
- spucken Unsinn aus wie manche Lehrperson auch
KI-Tools haben auch Schattenseiten
Die KI-Lernwelt wird nicht so perfekt sein, wie man sich diese wünscht. KI-Tools als „Besserkönner“ zu bezeichnen, ist zu hoch gegriffen.
KI-Tools:
- halluzinieren oder laufen in die falsche Richtung, wenn sie nicht geleitet werden
- schreiben zu voluminös, wenn ihnen nicht Einhalt geboten wird
- bleiben im Ungefähren, wenn sie nicht zur Präzision gezwungen werden
- korrigieren Schülertexte individueller als jede Lehrperson
- sind nur so gut wie die Prompts, mit denen sie gefüttert werden
- sind lernwirksam, wenn die Lernenden mit guten (Mega)Prompts Zeit und Anstrengung investieren
- sind lernwirksam, wenn die Lernenden lernen wollen
- machen Leistungsstarke stärker und Leistungsschwache schwächer
Zehn Thesen zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unterricht
Welche Einstellungen sollten die Lehrenden und Lernenden einnehmen? Alle Aussagen über den Nutzen, die Wirkungen, die Nebenwirkungen und die Gefahren, die vom Einsatz der KI-Tools im Unterricht sind spekulativ. Wir müssen die Veränderung gestalten und nicht bloß ertragen. Da die Künstliche Intelligenz alle Lebensbereiche durchdringt und auch im Schulbereich nicht ferngehalten werden kann, ist es wichtig, dass Lehrende und Lernende passende Einstellungen einnehmen.
- Nicht gegen KI, sondern mit und über KI unterrichten: Es werden Aufgabenstellungen gestellt, die ohne und mit KI-Tools bearbeitet werden müssen.
- Die Nutzung von KI-Tools wird offengelegt: Die Verwendung der KI-Tools und die KI-Prompts werden angegeben.
- Die KI-Tools als virtuelle Lernpartner nutzen: In virtueller Partnerarbeit werden die KI-Tools als Lernhelfer, Ideengeber, Denk-, Diskurs-, Schreib-, Reflexions-, Feedbackpartner genutzt.
- KI-Tools verändern die Aufgabenstellungen: Es gibt weniger Routineaufgaben, sondern mehr Denk-, Experimentier-, Explorations- und Reflexionsaufgaben.
- Vom Lernprodukt zum Lernprozess: Nicht das materiale KI-Produkt (Text, Bild, Video, Audio, …), sondern der Lernprozess und die personale Präsentation, Reflexion, Argumentation, Disputation, … sind lernrelevant.
- KI vergrößert die Heterogenität: Schwache Lernende bleiben schwach, während jene, die KI-Tools explorativ experimentierend und reflektierend zum Lernen einsetzen, besser und stärker werden, d.h. die Kompetenzschere öffnet sich weiter.
- Allseits verfügbare KI-Tools verändert die Motivation: Warum soll ich das Lernen, wenn die KI das viel besser und schneller kann? KI entwertet individuelle Fähigkeiten als Alleinstellungsmerkmal.
- KI verändert die Unterrichtsinhalte: Digitalität und KI verändern die Unterrichtsinhalte und damit die Denkweise über Unterricht.
- Persönlichkeitsbildung wird bedeutsamer: In dem Maße wie die Lebenswelt von Künstlicher Intelligenz beeinflusst wird, gewinnt die Persönlichkeitsbildung der Lernenden an Bedeutung.
- Die analoge Lernwelt gewinnt an Relevanz: Je mehr die virtuelle KI die Lebenswelt der Lernenden durchdringt, umso mehr muss die analoge Welt der Körperlichkeit und der Sozialität zum Unterrichtsgegenstand werden.